Notizblog & Ortsgeschichte | Anmerkungen

zu Anni Jungmann-Wilhelmi (Romanschriftstellerin)

Stand 24.06.2020

Quelle

Anni Jungmann-Wilhelmi. Der Hallgraf. Im Banne Barbarossas – ein Kampf zwischen Kirche und Reich. Waldkirchen 2001 (Historienroman).

Biografisches

Anni Jungmann-Wilhelmi (*/+ 1891-1991). Autorin (Bücher Heimatroman, historische Romane; Essays, Novellen und Kurzgeschichten in Zeitungen und Zeitschriften). Sie schrieb laut Klappentext des Buches "einige historische Romane, die alle sehr gut recherchiert sind. Sie lebte stets einige Zeit in den Gegenden ihrer Romane." Im "Dritten Reich" musste sie auf Anordnung der Reichsschrifttumskammer zwei Romane vernichten. Sie und ihr Mann "waren wegen geleisteter Emigrantenhilfe dem Regime ohnehin verdächtig". Sie verstarb als Hundertjährige am 15. Dezember 1991 in einem Alten-Wohnstift in Salzburg.

Aus meiner Sicht

Anni Jungmann-Wilhelmi erscheint mir als eine bemerkenswerte Frau, eine feinfühlige und sehr begabte Schriftstellerin, über deren Leben und Begräbnisstätte in Salzburg ich hoffe, im Laufe der Zeit mehr in Erfahrung zu bringen. Ihr Historienroman ist von ungeheurer Wucht und Lebendigkeit und wäre sicherlich als Stoff zur Bearbeitug für eine Bühne geeiget. Ihr Buch ist als gut recherchierter Historienroman deklariert, enthält logischerweise erfundene Handlungen und ist somit nicht als historisches Handbuch gedacht, bringt aber die Geschichte vor Ort unglaublich plastisch zum Leben und weckt das Interesse daran, ein Verdienst, dem ihr sicherlich niemand nehmen kann. Vielleicht findet sich eines Tages ein Historiker, der uns Lesern genau erklärt, was Anni Jungmann-Wilhelmi alles historisch "richtig" beschrieben hat und worin der Wert ihres Romans für die Ortsgeschichte Salzburgs und Bad Reichenhalls aus historischer Sicht liegt.

Über den Inhalt/Zitate

"Dieser packende historische Roman handelt im zwölften Jahrhundert, als der hochmütige Luitpold III. von Playen oberster Hallgraf auf der Plainburg war. Mächtig und trutzig lag diese Burg am Plainberg, in der Nähe des Untersberges bei Salzburg. Graf Luitpold, ein herrschsüchtiger reicher Graf lebt mit seiner sanften und gottesfürchtigen Gemahlin Itha, seinen drei Kindern – den Söhnen Luitpold IV. und Heinrich, der Tochter Kunigunde – sowie seiner Mutter, der Altgräfin Hiltgard und einer Schar von Gesinde, auf der schönsten und eindrucksvollsten Burg der Hallgrafen. Erfolgreich und vom Glück begünstigt kehrt der unerschrockene Krieger stets siegreich von seinen Feldzügen heim und versteht es, Ansehen, Reichtum und Wohlstand seines Geschlechts zu mehren. Geliebt, bewundert und gefürchtet ist dieser mächtige Feldherr sowohl von den Frauen, als auch von den Männern in seinem Gefolge.

Als Vasall Barbarossas erhält Luitpold den Befehl vom Kaiser, mit seinen Untertanen die Festung und die Stadt Salzburg zu stürmen und den Erzbischof gefangen zu nehmen. Nach vielen fehlgeschlagenen Versuchen gelingt es durch eine von Luitpold ausgedachte List, in die Stadt einzudringen. Barbarisch und unbarmherzig wüten die Hallgrafen, morden das Volk, rauben dessen Vieh und Getreide, plündern und brandschatzen die Klöster und legen die Häuser in Schutt und Asche. Nur dem Erzbischof gelingt mit Hilfe eines plainischen Junkers die Flucht aus dem brennenden Inferno. Aufgebracht und erzürnt über dieses bestialische Verhalten schleudert der Papst den Bannfluch gegen die Plainischen. Dreimal werden sie verdammt, und mit jedem neuen Fluch trifft das unheilvolle Schicksal die Gebannten härter. Von Fehlgeburten der Gräfin Itha, über schwere Krankheiten des Grafen, bis hin zu tragischen Todesfällen, ja sogar Mord, müssen die Salzgrafen und ihre Angehörigen alles erleiden, und ihre Macht gerät ins Wanken ..." (Jungmann-Wilhelmi 2001, Klappentext).

Bewertungen/Hintergrund

● "Noch populärer in unserem Raum wurde der Roman 'Der Hallgraf' von Anni Jungmann-Wilhelmi, die 1955 um die Brandschatzung der Stadt Salzburg durch die Grafen von Plain im Jahre 1167 eine frei erfundene Geschichte wob. Selbst der Titel ist nicht korrekt, bezog sich die Bezeichnung 'Hallgraf' doch nie auf die Plainer, sondern stets nur auf die Grafen von Wasserburg.) Mittlerweile scheint der mehrfach neu aufgelegte 'Hallgraf' das allgemeine Geschichtsbild der Bevölkerung unserer Gegend weit stärker geprägt zu haben als etwa ein fundiertes Geschichtsbuch. Einen solchen Erfolg hätte sich vermutlich auch die Autorin, die erst vor wenigen Jahren hochbetagt in Salzburg verstorben ist, nicht träumen lassen" (Pulverturm 2005, S. 34).

In Bayern und Österreich wurde der Bezeichnung "Hallgraf" synonym zu "Salzgraf" (Inhaber eines Amtes einer Saline) verwandt und ist dort meist mit den Hallgrafen in "Hall" (später Reichenhall, seit 1890 Bad Reichenhall) verbunden (Wikipedia: Salzgraf).

Aus dem Inhalt/Zitate

"Trauer drückt mein Herz. Trauer über die Vergänglichkeit aller Kraft und Schönheit, Trauer über die Treulosigkeit und Vergeßlichkeit der Menschen, denen Vergangenheit nichts gilt und nichts galt. Wie könnte sonst die Plainburg dem Verfall preisgegeben sein, zerfressen, zernagt vom Zahn der Zeit, sie, die romantische Zeugin einer heldischen, kühnen, ritterlichen Zeit, die verschwunden ist – auf immer" (Jungmann-Wilhelmi 2001, S. 6 f.)

"'Was bei dem Grafen Luitpold das Normale ist', stellt der Medikus fest, 'wäre bei jedem anderen Sterblichen eine Schandtat und eine Moritat. Arg treiben es die Plainischen wieder, sengen, brennen, morden, stehlen, schänden -- die guten Salzburger haben wirklich nichts zu lachen!' 'Allerhöchster Befehl vom Kaiser, dem zu Ohren gekommen ist, daß sich der neue Erzbischof Adalbert heimlich in Salzburg aufhält und Getreue sammelt'" (Jungmann-Wilhelmi 2001, S. 391).

"Auch die Männer im Plainischen Gebiet, die nicht zum Heer Barbarossas eingezogen waren, meist ältere, müssen mit dem Wagenzug mit; denn sie sollen Fronarbeit verrichten. Der Erzbischof will die Stadt neu aus den Trümmern erstehen lassen. All ihre Kirchen, all ihre zerstörten Klöster, die Türme und ihre geschleiften Befestigungsmauern, alle sollen die Plainischen wiedererbauen in fünfzigjähriger Fronarbeit. [...] Wie die Salzburger die Plainischen ausbeuten, weil der Burgherr nicht anwesend ist, weil er krank ist und das Seine und die Seinen nicht beschützen kann!" (Jungmann-Wilhelmi 2001, S. 607).